Das kommende Wochenende kann richtungsweisend werden
Gerade mal zehn Tage vorher gab es die Gewissheit: Zum CSD wird es endlich wieder richtige Partys in richtigen Clubs geben. Dahin führte ein langer Weg mit vielen Hürden. Bald werden wir auch die ersten Antworten auf die Frage kennen: Wird die schwule Szene so feiern wie früher?
AboutAdam und Gleichlaut wollten vor einigen Monaten durch eine Umfrage von euch wissen, wie ihr die Zukunft der schwulen Ausgeh-Kultur seht. Fast 500 Menschen haben mitgemacht. Ein wichtiges Ergebnis: Am meisten vermissten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit Freunden unter Gleichgesinnten zu treffen. Aber auch der Kontakt zu anderen Szenegängern, die über die Jahre vertraute Gesichter geworden sind, fehlte vielen.

„Mir hat besonders an den Karnevalstagen das typische Kölner Lebensgefühl gefehlt“, erzählt Sascha Knue vom Exile im AboutAdam Interview.
Dieses Lebensgefühl soll am kommenden CSD-Wochenende wieder zurück kehren. Aber nicht uneingeschränkt. Denn ohne 3G darf niemand die Veranstaltungen betreten. Dies gilt ebenfalls für das „CSD-Veedel“. Und das, obwohl das Straßenfest im Freien stattfindet.
Zum Glück sind aber fast 2/3 aller Befragten bereit, sich für Partys etc. testen zu lassen. Auch wenn 1/4 nicht an die Zuverlässigkeit der Ergebnisse glaubt. Für gut 15% ist der Aufwand zu groß.

„Wir konnten ja bereits in Holland, oder auch in England bei der EM beobachten, dass die Menschen so emotional feiern wollten wie eh und je“ bemerkt Tom Fasshauer von der SEXY Party im Gespräch mit AboutAdam. „Deshalb bin ich mir sicher, dass auch in Köln die Leute genauso mit dem Herzen dabei sind wie vor der Pandemie“.
Während in den Einkaufsstraßen dauerhaft geschlossene Geschäfte nicht zu übersehen sind, scheinen die meisten schwulen Locations mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Tom Fasshauer von der SEXY Cologne kennt persönlich keine Veranstalter, die wegen der Corona-Zwangspause das Handtuch geworfen haben. „Dank der November- und Dezemberhilfen sind die meisten gut durchgekommen“, weiß der Partyprofi. „Aber wenn noch ein weiteres Jahr keine Veranstaltungen mit ausverkauftem Haus stattfinden dürfen, wird es wohl für sehr viele sehr eng.“
Die Umfrage-Teilnehmenden haben in der Hochphase des Lockdowns ein wesentlich düsteres Bild gezeichnet. Fast die Hälfte glaubten, das höchstens 50% der schwule Gastronomiebetriebe und Partyveranstalter es durch die schwere Zeit schaffen werden.

Zu Beginn der Pandemie hat die absolute Mehrheit der Befragten den Lockdown als alternativlos angesehen. Gut ein Jahr später gewinnt eine kritischere Betrachtung der Quarantäne-Maßnahmen mehr und mehr an Bedeutung.

Für die meisten steht Lockdown für „selbstgewählte Einsamkeit“. Gut 1/3 haben ihre schwulen Sozialkontakte virtuell über Dating Plattformen aufrecht halten können. Private (Sex-)Partys oder Crusing-Areas waren kaum genutzte Alternativen.

„Dieser CSD wird anders“, ist sich Sascha Knue vom Exile sicher. „Die Kölner sind dafür bekannt, dass sie zusammen schunkeln, zusammen feiern, zusammen trinken. Ich denke, dass das Corona-Thema im Hinterkopf bleibt und viele auf Abstand achten werden“ glaubt der Betriebsleiter. „Ich hoffe aber, dass, wenn Corona endlich mal beendet ist, alles wieder verfliegen wird.“
Es wird also spannend am kommenden Wochenende. Wie werden wir auf den ersten großen Partys nach der Pandemie miteinander umgehen? Der CSD 2021 kann richtungsweisend für unser zukünftiges Zusammenleben werden. Wir von AboutAdam und Gleichlaut hoffen natürlich, dass wir als eine große glückliche Familie wie in den Jahren davor miteinander eine großartige Zeit haben werden.
Das Video mit den vollständigen Interviews gibt’s auf YouTube.
Autor: Thorsten Palicki